Buchkritik: Ein Strohfeuer von Sascha Lobo
November 16, 2010 at 10:50 pm Leave a comment
“Erworben aus Studienbeiträgen” steht prominent im roten Einband meiner Strohfeuer-Bibliotheksausgabe. Mir kommt also der doofe Spruch in den Sinn: “Strohfeuer –‘Erworben aus Studienbeiträgen’? Toll, also meine Studiengebühren für ein Strohfeuer!” Und dann gleich drei Ausgaben laut Uni-Bibliothekskatalog.
Nun aber zum Buch. Der Roman Strohfeuer liest sich schnell durch, ähnlich eines Strohfeuers, das sich durch’s Stroh frisst — ein telling title. Wobei die Kategorie “Roman” zu hoch gestochen ist. Vielleicht eher Blogger-Schmonzette.
Schmonzette soll hier nicht nur abwertend gemeint sein, denn laut Florian Illies darf Spaß ja auch mal sein — wobei Illies wohl davon ausgeht, dass höhere Literatur konträr zu Unterhaltung ist? Egal, Strohfeuer liest sich fix durch, hat wenig Dramaturgie, die Kapitel sind kurz, dafür gibt’s aber twitternswerte Sprüche. Mensch, was hab’ ich mein Umfeld mit dem Spruch “Bier ab Vier, Sekt ab Sechs, Alk ab Acht” genervt. Die Übertriebenheit der Ideen (Die Geilheit der Charactere auf die üblichen Statussymbole oder Flüche wie “Scheisse! Fuck! Hitler” und das Scratchen zu Hitlerreden, s. auch FAZ– oder Welt-Rezensionen) mag sicherlich ein paar müde Lacher hervorrufen, aber einen befriedigenden Roman ergibt die Summe von Vulgaritäten nicht. Da hätten hundert Seiten oder Kurzgeschichten gereicht.
Einfach gradlinig und anekdotisch irgendwelche Werbe-Hedonisten herumparlieren zu lassen, trägt nicht zur Auklärung dieser verlogenen New-Economy-Periode bei, sondern folgt ganz in seiner Logik: Auf halbgaren Gequatsche wird Roman draufgeschrieben, dann noch verlegt bei Rowohlt, und schon haben wir ein New-Economeskes Strohfeuer, das noch nicht mal leugnet, dass es auf intellektueller Ebene tatsächlich ein solches ist.
Dabei kann Lobo Bücher schreiben, bloss keine Romane. Viele Sachen die er macht, sind es Wert abgedruckt zu werden. Ist mit Wir nennen es Arbeit ja auch schon geschehen. Es braucht keinen schwachen Roman, der mit dem Symbolwerte seiner Frisur auf dem Cover wirbt, um die paar Twitter-Follower abzuzapfen, die den Gegenwert von 19 Songs aus dem iTunes-Store entbehren können.
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